Systemtreue statt Gerechtigkeit: Wie mein Vater in der DDR wegen fehlender Parteiloyalität benachteiligt wurde
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Banrado -
26. Mai 2025 um 11:13 -
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Der Wunsch nach einer eigenen Garage – und eine bittere Enttäuschung
In den 80er-Jahren war ein eigenes Auto in der DDR ein Luxus – eine Garage zu finden, war fast ein Ding der Unmöglichkeit. Umso erfreuter war mein Vater, als er hörte, dass ein älteres Ehepaar ihre Garage abgeben wollte. Die Chancen standen gut: Die Gespräche liefen, man wurde sich einig. Doch dann kam alles anders.
Sein damaliger Vorgesetzter bekam von dem Geschäft Wind – und hatte selbst Interesse an der Garage. Statt offen zu konkurrieren, spielte er die Karte, die im DDR-Alltag oft stach: Er sprach mit dem Ehepaar – und ließ durchblicken, dass mein Vater kein Parteimitglied sei. Noch schlimmer: Er soll sogar gesagt haben, mein Vater sei dem System nicht besonders wohlgesonnen.
Diese Worte reichten aus. Das Ehepaar machte einen Rückzieher – und übergab die Garage dem linientreuen Vorgesetzten. Mein Vater blieb zurück: enttäuscht, wütend, aber vor allem ohnmächtig. Nicht seine Fähigkeiten oder sein Charakter waren entscheidend – sondern seine politische Haltung.
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Ein kleiner Sieg Jahre später
Erst einige Jahre später sollte sich das Blatt etwas wenden. Die Stadt begann damit, Grundstücke zur Garagenbebauung freizugeben. Mein Vater nutzte die Gelegenheit, baute eigenhändig – und schuf sich seine Garage ganz ohne Parteiunterstützung. Es war ein kleines Stück Gerechtigkeit, das spät kam – aber dafür ehrlich erarbeitet war.
Ein Fazit mit Blick in die Gegenwart
Die Moral dieser Geschichte? In der DDR war es gefährlich, kritisch zu denken oder sich vom Parteikurs zu entfernen. Wer nicht spurte, wurde abgestraft – teils offen, teils subtil. Diese Erlebnisse prägen bis heute das Bewusstsein vieler Ostdeutscher, die gelernt haben: Systemtreue wurde belohnt – Individualismus bestraft.
Doch diese Mechanismen sind nicht einfach mit dem Fall der Mauer verschwunden. Auch heute entsteht bei vielen Menschen der Eindruck, dass abweichende Meinungen sanktioniert werden – besonders in der Öffentlichkeit.
Von damals bis heute: Der Diskurs im Wandel
Insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Medien scheint ein zunehmend einseitiger Diskurs Raum zu greifen. Kritische Meinungen werden häufig in eine Ecke gedrängt, anstatt ihnen Raum zu geben. Der Begriff „Cancel Culture“ macht die Runde – und erinnert manche Zeitzeugen erschreckend an DDR-Methoden: Statt Verboten gibt es heute gesellschaftlichen Druck, statt Parteikarrieren soziale Isolation.
Wenn Diskussionen nicht mehr auf Argumente, sondern auf Gesinnung hinauslaufen, ist Vorsicht geboten. Denn wahre Meinungsfreiheit bedeutet, auch unbequeme Stimmen zuzulassen – unabhängig davon, ob man ihnen zustimmt.
Schlusswort: Die Pflicht zur Wachsamkeit
Die Geschichte meines Vaters ist ein Zeitdokument. Sie zeigt, wie perfide ein System funktionieren kann, das sich selbst für unfehlbar hält. Und sie erinnert uns daran, wie wichtig es ist, wachsam zu bleiben – gegenüber jeder Form von Meinungseinfalt, moralischer Überheblichkeit oder versteckter Ausgrenzung.
Demokratie lebt vom Diskurs – nicht von Konformität. Und wer aus der Geschichte nichts lernt, riskiert, sie zu wiederholen.
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